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DIDA

Ein charmant chaotisches Hin und Her, zwischen Belgrad und der Schweiz. Hier Mutter und Großmutter, dort Partner_innenschaft und ein großer Teil des eigenen Seins. Alltag zwischen unterschiedlichen Städten, Bedürfnissen und Geschwindigkeiten. Nachdem die Großmutter, die ihr Leben lang für seine Mutter Sorge trug, in Belgrad stirbt, verschieben sich für Nikola Verantwortlichkeiten und Prioritäten. Ausgeschnapst werden nun Bedingungen von Abhängigkeit und Unabhängigkeit, die der eigenen und die von Dida, Nikolas Mutter. Grenzgänge im ständigen Scheitern und Nachjustieren. Die Beteiligten verlieren dabei zwar nie Liebe und Witz, aber manchmal kurz sich selbst. Videotelefonate und Schnaps am Grab. Wohnungswechsel, ein rotes Sofa, Fleecedeckentürme, ein Babyhund und Dekokram. Stetig wird im Familiengefüge umdekoriert auf der ewigen Baustelle Leben. (dca)

KRAI

Mit dem Vorhaben einen »historischen Film« drehen zu wollen, reist der in Russland geborene Regisseur Aleksey Lapin mit einem Filmteam von Wien nach Jutanovka, jenes nahe bei der ukrainischen Grenze liegende Heimatdorf seiner Verwandten, in dem er früher selbst jeden Sommer verbracht hat. Inmitten der Dorfrealität von Volksfest, Kirchgang und Arbeitsalltag entsteht ein filmisches Spiel zwischen Team und Dorfgemeinschaft. Ein Casting wird abgehalten, am Fluss über das Kino sinniert und der Drehprozess selbst reflektiert. Krai bedeutet auf Russisch Rand oder Grenze. Mit feiner Ironie und liebevollem Interesse für Wunderliches wandelt auch der Film an den Grenzen von Dokumentarfilm und Spielfilm, zeitlos und zeitnah zugleich in Schwarzweiß gesetzt. Zwischen inszenierten Szenen und alltäglichen Beobachtungen entsteht ein Bild der Realität, das sich eindeutigen Zuschreibungen entzieht. Über ihm steht die Vision: »Das Kino muss verschiedene Welten zusammenbringen, unterschiedliche Leute verbinden. Und uns am Ende daran erinnern, dass wir Teil einer Menschheit sind.« (lm)

QUE DIEU TE PROTÈGE

In den 1960er Jahren migrierten die jüdischen Großeltern der Filmemacherin Cléo Cohen von Algerien und Tunesien nach Frankreich. In ihrem Debütfilm QUE DIEU TE PROTÈGE begibt sie sich auf Spurensuche in ihrer eigenen Familiengeschichte, um der Frage auf den Grund zu gehen, ob sie sich entscheiden muss zwischen jüdischem und arabischem kulturellen Erbe. Mit einer gehörigen Portion Humor dokumentiert Cléo Cohen die Gespräche mit ihren vier Großeltern, die weit weniger auskunftsfreudig sind als erhofft und den Enthusiasmus der Enkelin kaum erwidern. Ihre Suche, durch die sie sich zeitweise in Gedanken, in den Schriften von Albert Memmi zu Dekolonisierung, in der Badewanne und in Tanzsequenzen treiben lässt, führt die Filmemacherin schlussendlich in ein völlig verändertes Tunis, wo sie nicht das vorfindet, was ihre Großmutter zurückgelassen hat. (dp)

LINGUI

Amina lebt mit ihrer 15-jährigen Tochter Maria in einem Vorort von N’Djamena. Durch Upcycling alter LKW-Reifen zu Feuerschalen verdient sie ihren Lebensunterhalt. Als Maria schwanger wird und sich zu einem Schwangerschaftsabbruch entschließt, ist Amina mit der Realität restriktiver Gesetzgebung und religiöser Verurteilung konfrontiert. Sie setzt alles daran, ihre Tochter dabei zu unterstützen, den bereits ihr selbst widerfahrenen Zyklus sexualisierter Gewalt zu durchbrechen und schlussendlich Rache zu üben, um an den strukturellen Mechanismen patriarchaler Vorherrschaft zu rütteln. LINGUI ist ein kraftvolles Plädoyer für Tatkraft und Resilienz angesichts widrigster Umstände. Mutter und Tochter erfahren Solidarität und Kinship durch den von Generation zu Generation weitergelebten Zusammenhalt unter Frauen im sozialen Gefüge, genannt Lingui, das heilige Band. (dp)

LUSALA

Als Kind wurde Lusala von einer wohlhabenden Familie adoptiert. Mit dem Umzug in seine eigene Wohnung und der neuen Selbständigkeit als Mechaniker beginnt für ihn ein neuer Lebensabschnitt. Doch anstatt als junger Erwachsener Zukunftspläne zu schmieden, muss sich Lusala seinem Innenleben stellen. Zunehmend wird er von traumatischen Erinnerungen an Gewalterfahrungen in seiner Kindheit eingeholt. Die Fragilität und Zerrissenheit Lusalas lässt das Storytelling zwischen dem Austragen innerer Kämpfe und der Auseinandersetzung mit den Geistern der Vergangenheit oszillieren. In seinem Regiedebüt berührt Mugambi Nthiga die emotionalen Tiefen einer Metropole. LUSALA erzählt von patriarchalen Gewaltstrukturen, klassenqueren Familiengefügen, Konstruktionen von Männlichkeit und der Verletzlichkeit im Erwachsenwerden.